Moot

Change – inspired by Iceland

Wer kann schon von sich behaupten, dass er (oder sie) mal mit 5.500 Menschen aus 90 verschiedenen Ländern eine große Party gefeiert hat?
Ich!-  und wieso? Weil ich die tolle Erfahrung machen durfte, an einem internationalen Pfadfinderlager in Island mitzuwirken. Das Moot, ein Lager für Pfadis im Alter von 18-25 Jahren, fand in diesem Jahr unter dem Motto „change – inspired by Iceland“ statt.
Da ich noch nie auf einem internationalen Pfadfinderlager war, wollte ich in diesem Jahr endlich einmal die Chance ergreifen und habe mich als Mitarbeiterin für das Moot angemeldet.

In Reykjavik angekommen, wurden wir in den ersten zwei Tage auf unsere Arbeit als Mitarbeiter vorbereitet und haben unseren Schichtplan bekommen. Mich hat es dabei sehr gut erwischt, denn ich durfte die ersten Tage im Programm mitwirken und später dann in der Mitarbeiterkantine, aber dazu gleich mehr.
Nach einer großen Eröffnungsfeier in Reykjavik wurden die Teilnehmer in sogenannte Expedition Center geschickt. Das waren meist Campingplätze, die auf der ganzen Insel verteilt waren und dort wurde der erste Teil des Moots verbracht. Ich war im Expedition Center in Reykjavik eingeteilt und habe das dortige Mitarbeiterteam beim Abendprogramm unterstützt. Heiße Schokolade kochen, eine Beachparty vorbereiten, oder die große Einkaufsstraße in Reykjavik für Islands größten Flash Mob dekorieren, gehörten zu meinen Aufgaben. Dabei habe ich viele Pfadis aus anderen Ländern kennen und schätzen gelernt und schon nach wenigen Tagen waren wir ein super Team! Wir waren in Reykjavik in einer Schule untergebracht, deren Schulaula jeden Abend in ein Café verwandelt wurde, das wiederum die Pfadis aus Südamerika fast täglich zur Disko umfunktionierten, um dort die Hüften zu schwingen. Es war toll mit anzusehen wie gut sich die Patrols schon miteinander verstanden haben. Patrols? Das sind Gruppen, in welche die Teilnehmer aufgeteilt wurden, bestehend aus ca. zehn Personen, von denen maximal Zwei der gleichen Nationalität angehören. Die Zusammenkunft vieler verschiedener Nationalitäten ist nämlich das, was ein Moot ausmacht. Durch die Zuteilung in ein Patrol lernt man ruckzuck viele Pfadis aus anderen Ländern kennen und damit auch deren Kulturen, Gewohnheiten und Besonderheiten. Wie funktioniert Pfadfinden in Südafrika, Großbritannien oder dem Libanon? Nirgendwo sonst kann diese Frage besser beantwortet werden, als in einem gemütlichen Sitzkreis am Lagerfeuer, denn an eben Diesem fühlen sich wohl alle Pfadfinder der Welt vereint.

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Nach den Expedition Centers trafen sich alle Teilnehmer und Mitarbeiter auf Europas nördlichstem Pfadizeltplatz in Úlfljótsvatn um dort gemeinsam vier Tage zu verbringen. Wie zu Beginn schon erwähnt, war ich nun in der IST Kantine eingeteilt (IST=International Service Team). Für die Frühstücksschicht hat mich der Wecker um 05:15 Uhr aus dem Schlaf gerissen. Es hatte aber auch sein Gutes, denn sobald wir das Frühstück vorbereitet hatten und über 800 Mitarbeiter versorgt waren, hatten wir um 11 Uhr bereits Feierabend und konnte die Tage auf dem Zeltplatz sehr gut nutzen. Wir unternahmen eine kleine Wanderung auf den benachbarten Berg mit einem super Blick über den Zeltplatz und toller Aussicht in die Ferne, erkundeten die verschiedenen Lagerbereiche, tranken Kaffee und spielten Karten im IST-Café. Nebenbei bemerkt hatten wir fast drei Wochen anhaltend gutes Wetter und die Temperatur stieg in manchen Tagen über die magische 20 Grad-Grenze, was in Island fast einem Wunder gleicht. Nachts jedoch war es ziemlich kalt, sodass ich mich mit Mütze, Schal, Schlafmaske (denn es wird im Sommer nur kurz dunkel), Ohropax (gegen schnarchende Zeltnachbarn) und einer 1. Hilfe Decke aus dem Notfallset (über dem Schlafsack) eindeckte, um mir eine möglichst ruhige und warme Nacht zu ermöglichen.

Nachdem wir schöne Tage auf dem Zeltplatz verbracht haben, viele Kontakte knüpfen konnten und schöne Gespräche geführt haben, hieß es Abschied nehmen von den neuen Freunden aus meist weiter Ferne. Gemeinsam mit 30 deutschen Pfadis habe ich mich aufgemacht, um die Insel innerhalb von zehn Tagen einmal zu umrunden. Mit drei Bussen und 2 PKWs machten wir uns auf den Weg und starteten am berühmten Golden Circle, einer Tour, die unter Anderem am bekannten Geysir und dem Wasserfall Gullfoss vorbeiführt. Nachdem wir diese Touristenhighlights erfolgreich fotografiert hatten, fuhren wir weiter gen Norden und kamen nach guten sechs Stunden an unserem Zeltplatz in Akureyri an.
Von dort aus erkundeten wir die Umgebung und kamen endlich in den Genuss der herrlichen Landschaft Islands. Viele weitere große und kleine Wasserfälle, Schluchten, Steinwälle und grüne Wiesen mit freilaufenden Schafen warteten hinter fast jeder Kurve auf uns. Mit einer Reittour auf Islandpferden erfüllte ich mir einen lang ersehnten Traum und auch, oder gerade zu Pferd konnte ich die vielfältige Natur besonders genießen. Ein weiteres Highlight folgte gleich am nächsten Tag und auch, wenn sich uns nur wenige der großen Geschöpfe zeigten, so habe ich doch die ein oder andere Schwanzflosse eines Buckelwals, Minkawals oder eines flinken Delpines entdecken können.

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Nach drei ereignisreichen Tagen und kalten Abenden hat es uns weitergetrieben, Richtung Osten der Insel. Unser nächster Stopp war ein Zeltplatz nahe dem kleinen Ort Egilsstaðir. Unser Highlight in dieser Gegend war der malerische Vogelfelsen Hafnarholmi, 60km östlich von Egilsstaðir in den Ostfjorden. Wir hatten das Glück, dass sich die für Island bekannten und sehr niedlichen Pinguintaucher (engl. Puffins) noch bis Mitte August dort aufhalten, um dann aufs Meer hinaus zu fliegen. Nach unzähligen Versuchen einen Pinguintaucher im Flug vor die Kamera zu bekommen, haben wir uns in der Mittagssonne für ein Picknick aus der Wiese an der Insel ausgebreitet und den kleinen flatternden Vögeln bei Ihrer Futtersuche im Meer zugeschaut.

Auch im Osten der Insel verging die Zeit viel zu schnell und nach zwei weiteren Tagen sind wir zu unserem letzten Campingplatz im Skaftafell-Nationalpark, zu dem der Vatnajökull- Gletscher gehört, weitergefahren. Die Gegend um Skaftafell ist von starken Kontrasten geprägt. Verschiedene Gletscherzungen sind von gezackten Bergkämmen umgeben und als wir die Gletscherlagune Jökulsárlón besichtigen, konnte ich mich nicht satt sehen an den riesigen Eisbergen, dem manchmal kristallklaren, hellblauen Eis und den großen Eisbrocken, die an uns vorbei ins Meer trieben. So ein schöner und zugleich trauriger Anblick zugleich, denn hier ist die Klimaerwärmung so deutlich zu sehen, wie an kaum an einem anderen Ort in der Welt. Bei einer Gletschertour auf der Gletscherzunge Svínafellsjökull erfuhren wir, dass der Gletscher in den letzten 20 Jahren um 200 Meter zurückgegangen ist und, dass er bereits in 200 Jahren vollkommen verschwunden sein wird.

Nicht nur der Klimawandel, sondern viele weitere akute Probleme in der Welt wurden auf dem Moot im „Better World Tent“ thematisiert und diskutiert. Ich habe viel Input und Ideen aus meiner Zeit in Island mitgenommen und das Motto „change – inspired by Iceland“ wurde erfolgreich umgesetzt. Ich würde dieses Abenteuer jederzeit wieder wagen und freue mich schon auf das nächste Mal!

Julia Strosack